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Steht Israel vor einem Abgrund? Der grosse Konflikt innerhalb des aktuellen Judentums. Teil 2

Glaubensimpuls 623 von Gregor Dalliard

(Meinen Ausführungen liegen auch Zusammenhänge aus dem Buch von Jakov M. Rabkin zugrunde: “Im Namen der Thora”. Die jüdische Opposition gegen den Zionismus).

Im letzten Gim habe ich geschrieben: Diesem Konflikt liegen zwei Fragen zugrunde: Wer ist eigentlich JaHuWaH? Akzeptiert JaHuWaH den neu gegründeten Staat Israel, der mit den Mitteln politischer Gewalt aufgebaut ist und wird? Meiner Meinung nach wissen die meisten von uns, was auf diese Fragen zu antworten ist, denn seit Jahren beschäftigen wir uns nun sowohl mit dem TaNaCH, als auch mit der christlichen Bibel (“NT”) und ihren Dogmen.
Schrittweise sind wir durch manche Glaubensirrungen und -wirrungen hindurch gegangen, immer aber das Ziel anpeilend: die Suche nach JaHuWaH, dem El Eljon und SEINEM Wesen. Das Leben finden und das Leben haben, nach dem Motto: “Sucht JaHuWaH und lebt” (Amos 5,6) und: “Denn bei dir ist der Quell des Lebens; in deinem Licht sehen wir das Licht” (Ps 36,10).
Das war kein einfacher Weg, aber wir sind dran geblieben. Die Botschaft, dass das Wesen JaHuWaHs aus Gerechtigkeit und Recht, aus Gnade (Barmherzigkeit) und Treue (Wahrheit) besteht, liess uns nicht mehr los. Sie sind das Fundament (die Grundfeste) allen Lebens. “Gerechtigkeit und Recht sind deines Thrones Grundfeste. Gnade und Treue gehen vor deinem Angesicht her (vgl. Ps 89,15).
Wir dürfen heute nun die entsprechenden Früchte geniessen. Dazu möchte ich ein tiefgründiges Wort des Propheten Jeshajahu wiederholen, das er dem auserwählten Volk in schwersten Zeiten zusprach: “Und beständig wird JaHuWaH dich leiten, und er wird deine Seele sättigen an Orten der Dürre und deine Gebeine stärken. Dann wirst du sein wie ein bewässerter Garten und wie ein Wasserquell, dessen Wasser nicht versiegt” (Jes 58,11). Ist das etwa nicht wunderbar? Wir, die wir es manchmal schwer haben, uns selbst zu ertragen, wir dürfen allezeit mit der Führung JaHuWaHs leben: “….und steht wieder auf” (Spr 24,16). Das ist ein lebensvoller Zuspruch für jeden Tag. Er ist auch uns zugesprochen, da wir JaHuWaH allein vertrauen und folgen.

Wenden wir uns also der aktuellen Situation der Juden in Israel zu. Wikipedia schreibt: “Das ultraorthodoxe bzw. charedische Judentum (hebräisch יַהֲדוּת חֲרֵדִית jahadut charedit) ist eine theologisch und sozial konservative, nach Einschätzung von einigen Religionswissenschaftlern fundamentalistische, Richtung innerhalb des Judentums… Das ultraorthodoxe Judentum entstand im späten 18. Jahrhundert und im Laufe des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf die jüdische Aufklärung (Haskalah) und die Emanzipationsbestrebungen von Juden in Mittel- und Osteuropa… Manche Gruppierungen lehnen den Staat Israel in seiner heutigen Form ab, da ihrer Ansicht nach nur der Messias einen jüdischen Staat wiedererrichten darf; hierzu gehören u. a. Neturei Karta und die in der Organisation Edah HaChareidis zusammengeschlossenen Gruppen. (Quelle).
Auf was für Aussagen im TaNaCH begründen diese einflussreichen ultraorthodoxen jüdischen Gemeinschaften ihren Widerstand gegen den Staat Israel? Welches ist nach ihrer Überzeugung die Voraussetzung dafür, dass die Juden wieder als ein Volk innerhalb der Grenzen ihrer Vorväter vor der Vertreibung durch die Assyrer (Israel, die zehn Nordstämme) und die Römer (Juda, die beiden Südstämme) leben werden? Nach Überzeugung und Lehre dieser einflussreichen ultraorthodoxen Gemeinschaften gelten die Juden immer noch als Verbannte JaHuWaHs unter den Völkern der Welt, weil ihre Vorväter JaHuWaH nicht gehorsam waren. Diese Strafe ist selbst nach 2000 Jahren noch nicht abgegolten.
Nach ihrer Überzeugung wird JaHuWaH selbst diese Strafe mit ihren grausamen und entsetzlichen Folgen beenden, so wie das z. B. bei Hesekiel und den anderen Propheten geschrieben steht: “Und ich werde euch aus den Nationen holen und euch aus allen Ländern sammeln und euch in euer Land bringen. Und ich werde reines Wasser auf euch sprengen, und ihr werdet rein sein; von all euren Unreinheiten und von all euren Götzen werde ich euch reinigen. Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben; und ich werde machen, dass ihr in meinen Ordnungen lebt und meine Rechtsbestimmungen bewahrt und tut. Und ihr werdet in dem Land wohnen, das ich euren Vätern gegeben habe, und ihr werdet mir zum Volk, und ich, ich werde euch zum Gott sein” (Hes 36,24-28). ER, JaHuWaH, wird das tun, wann er es will. (Wir fragen uns: “haben die Propheten denn ihre Aussagen auch so gemeint?”).
Sie weisen auf die Voraussetzungen und Umstände hin, unter denen das geschehen wird: “Und es wird geschehen, wenn all diese Worte über dich kommen, der Segen und der Fluch, die ich dir vorgelegt habe, und du es dir zu Herzen nimmst unter all den Nationen, wohin JaHuWaH, dein Elohim, dich verstossen hat, und du umkehrst zu JaHuWaH, deinem Elohim, und seiner Stimme gehorchst nach allem, was ich dir heute befehle, du und deine Kinder, mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele, dann wird JaHuWaH, dein Elohim, dein Geschick wenden und sich über dich erbarmen. Und er wird dich wieder sammeln aus all den Völkern, wohin JaHuWaH, dein Elohim, dich zerstreut hat. Wenn deine Verstossenen am Ende des Himmels wären, ⟨selbst⟩ von dort wird JaHuWaH, dein Elohim, dich sammeln, und von dort wird er dich holen.” (5Mo 30,1-4).

Erst nach einer moralischen Umkehr aller Juden auf der ganzen Welt zu den Weisungen und Werten JaHuWaHs wird ER, JaHuWaH, dieser schrecklichen Strafe der Verbannung mit all ihren grausamen Folgen ein Ende setzen; denn dann werden sie als gereinigte und geheiligte zurück in ihr Land gebracht werden: “Und JaHuWaH, dein Elohim, wird dich in das Land bringen, das deine Väter in Besitz genommen haben, und du wirst es in Besitz nehmen. Und er wird dir Gutes tun und dich zahlreicher werden lassen als deine Väter” (5Mo 30,5, lies auch die folgenden Verse 6-20).
Dann werden sich schrittweise alle Völker JaHuWaH auf friedliche Weise öffnen, wie die prophetischen Texte verheissen, selbst die Araber. Der Messias Israels wird dann seine Herrschaft friedlich aufrichten. JaHuWaHs Thora Die wird dann für alle Menschen zur Weisung des Lebens werden (vgl. Jer 31,31-34).
Was aber die säkularen Zionisten machten, die den Staat Israel in seinen alten Grenzen gründeten, das ist vom Verständnis dieser einflussreichen ultraorthodoxen Juden her die reinste Katastrophe. Die säkularen Zionisten sind nämlich keine Juden, die “mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele” zu JaHuWaH umgekehrt sind. Sie sind emanzipierte weltbürgerliche Menschen, die zwar nicht das Judentum aber die religiösen Juden von sich schüttelten und auch in der Gegenwart von sich schütteln.
Nach Überzeugung der Charedim erzwingen sowohl die säkularem als auch die religiösen Zionisten die Erlösung Israels mit Gewalt. Die säkularen Zionisten sind als Unbekehrte in das Land ihrer Väter eingedrungen. Zusammen mit den säkularen Zionisten fügen die religiösen Zionisten den Palästinensern unnötig viel Leid zu, bringen die Araber unnötig in Aufruhr und verleiten sie zu äusserst gewaltvollen Reaktionen. Damit brachten und bringen sie die Juden auf der ganzen Welt in Misskredit. Eine Lawine an Judenhass haben sie losgetreten. Dadurch wird nicht nur das Exil der Juden verlängert, ihnen wird damit in Zukunft zusätzlich viel Leid aufgebürdet werden, erklären sie.

Als David Ben-Gurion am 14. Mai 1948 den modernen Staat Israel ausrief, erklärten die umliegenden arabischen Völker dem soeben neugeborenen alten Staat Israel den Krieg. Als Folge davon vertrieben viele dieser Staaten die Juden aus ihren Ländern, obwohl die meisten Juden bis dahin friedliebend unter den Arabern und anderswo lebten. Warum? Sie lebten dort nach der Weisung des Propheten Jirmejahu: “Suchet der Stadt Bestes” (Jer 29,7). Die emanzipierten, säkularen Zionisten stürzten Massen von Juden in einen grossen Konflikt, davon sind die ultraorthodoxen Charedim überzeugt. Die Zionisten traten eine Lawine von Krieg und Leid los, was nicht im Sinne der prophetischen Schriften sei.

Nach der Gründung des Staates Israel entfachte sich in diesen orthodoxen jüdischen Gemeinschaften ein heftiger Widerstand gegen die emanzipierten säkularen und die religiösen Zionisten. Ausgestossen und aus den meisten islamischen Staaten vertrieben blieb ihnen fast nichts anderes übrig, als in den neugegründeten zionistischen Staat Israel zu flüchten, den sie aus religiöser Überzeugung ablehnen und verhindern wollten. Sie verabscheuen den Staat Israel als ein erpresserisches zionistisches Vorgehen JaHuWaH gegenüber, das in die Katastrophe führen muss.
Sie hoffen und beten für das Ende des Staates Israel. Sowohl die emanzipierten säkularen Zionisten als auch die religiösen ihrerseits sind nicht bereit die erreichten Ziele und die errungenen Freiheiten auf Kosten eines solchen Glaubens, wie den der Charedim und anderer, wieder aufzugeben.
Viele Charedim wiederum sind nicht bereit, ihre Söhne durch Militärdienst einem Staat zu opfern, der sich, von ihrer Glaubensüberzeugung her - an Hand des TaNaCHs - widerrechtlich die Erlösung erzwingt, gegen den Willen JaHuWaHs.
Rabbiner aus diesen Gemeinschaften sagen: “Die Juden könnten ohne Thora nicht einmal Jahrzehnte überleben, aber ohne das Land Israel haben sie 2000 Jahre überlebt”. In der Pessach Haggada (Anweisung für den Seder) singen die Juden überall auf der Welt das Lied “Dajeinu” (übersetzt: „es hätte uns genügt“): “Wenn er uns die Thora gegeben hätte und uns nicht ins Land Israel gebracht hätte, es wäre für uns genug gewesen”.

Wie gehen wir mit diesen Fakten um? Welches ist unsere Erkenntnis aus dem Zeugnis der israelitisch-jüdischen Propheten? Wird der aktuelle Staat Israel wieder untergehen müssen und dann durch JaHuWaH neu geschaffen werden, wenn sich alle Juden auf der ganzen Welt zu JaHuWaH und dessen Weisungen bekehrt haben werden?

Wir beten um Weisheit für alle Verantwortlichen.
Shabbat Shalom und seid alle herzlich gegrüsst.

Gregor Dalliard

Ankündigungen

Wir laden dich herzlich zu unserem nächsten Bibeltreffen in Finsterhennen ein. Wir treffen uns wieder am 17. Mai 2024 um 14,00 Uhr bei Martin und Kornelia Hunzinger-Schmid, Allmenhag 2, 2577 Finsterhennen. Wir freuen uns ganz fest auf die gemeinsame Zeit! Shalom!

In unregelmässigen Abständen publiziere ich Lebensimpulse (Lims).

Unter dem Kennwort Fragen Leserfragen (Lefs) möchte ich neu auf Leserfragen eingehen. Dabei werde ich auch aufschlussreiche und weiterführende Zusammenhänge anderer zu wichtigen biblischen Themen veröffentlichen.