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Steht Israel vor einem Abgrund? Der grosse Konflikt innerhalb des aktuellen Judentums. "Lasst uns Menschen machen...." (1Mo 1,26). Teil 5

Glaubensimpuls 626 von Gregor Dalliard

JaHuWaH fordert von Anfang an die Menschenwürde: “Denn Weisung geht von mir aus, und mein Recht werde zum Licht der Völker” (Jes 51,4; 1,17.27; 42,1; 61,8). “So spricht JaHuWaH: Übt Recht und Gerechtigkeit” (Jer 22,3). Genau darin liegt der Sinn der Erwählung, Berufung und der Sendung des auserwählten Volkes. Das war immer die zentrale Botschaft der grossen israelitisch-jüdischen Propheten. Könige und Priester haben immer wieder dagegen verstossen. Die Propheten protestierten und riskierten ihr Leben. Das ist unter Menschen kein leichtes Unterfangen, und es wird nie ein leichtes Unterfangen sein, selbst dann, wenn wir mit JaHuWaH in bester Beziehung leben. Im Leben Davids wird uns diese Tatsache in besonderer Weise eindrücklich vorgeführt.
Die Propheten erkannten diese Forderung JaHuWaHs von Anfang an. Sie ist ihnen über Abraham, der mit Melchisedek in Verbindung stand, vermittelt worden. Sie waren die ersten Menschen dieser Erde, die die Menschenwürde erkannten und formulierten: “Und Elohim sprach: Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich!” (1Mo 1,26). Die Neue Genfer Übersetzung (NGÜ) übersetzt: “Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei”. Was uns hier überliefert wird, das ist und bleibt umwerfend. Damit verbunden ist eine immerwährende Herausforderung, der wir uns allezeit stellen wollen.
Sind wir uns bewusst, was uns in 1Mo 1,26 wirklich gesagt ist? Wir legten früher 1Mo 1,26 völlig widersinnig aus und hielten uns an die eingefleischte Deutung der Kirchenväter, die besagt: Hier spricht Gott-Vater zu einem anderen Gott, zu seinem Sohn, den er in Zukunft als Gott-Sohn zeugen wird, der einmal von einer Frau geboren werden wird (vgl. Gal 4,4; Lk 1,35) und sein Blut als Sühnung für die Sünden der ganzen Welt vergiessen wird (vgl. 1Jo 2,2; Kol 1,20). In den meisten christlichen Kreisen wird hier leider die Trinitätslehre (die Irrlehre von drei Gott-Personen) abgeleitet.
Wenn JaHuWaH hier sagt: “Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich”, dann spricht er hier SEIN auserwähltes Volk an, allen voran die Propheten. Er fordert sie auf, die Menschen zur Erkenntnis der Würde des Menschen zu führen, in die Menschenwürde, d. h.: sie sollen verstehen und erkennen lernen, dass sie im Bilde JaHuWaHs gemacht sind. In der Beachtung der Menschenwürde wird 1Mo 1,26 Wirklichkeit. Die Erkenntnis und die Umsetzung der Menschenwürde ist der höchste Sinn und Zweck der Erwählung, Berufung und Sendung des auserwählten Volkes und aller, die JaHuWaH begegnen. Darin bestätigt ein Mensch, dass er geistig aus JaHuWaH gezeugt und geboren ist (vgl. 5Mo 32,18).
Jahushua von Nazareth beruft sich im Gespräch mit Nikodemus auf 1Mo 1,26: “Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch, und was aus dem Geist geboren ist, ist Geist. Wundere dich nicht, dass ich dir sagte: Ihr müsst von Neuem [geistlich gezeugt und] geboren werden” (Joh 3,6-7; 5Mo 32,18). (Ein Gott der Fleisch zeugt, der einen Gottes-Sohn aus Fleisch zeugt, kann nichts mit JaHuWaH zu tun haben). Wer von JaHuWaH gezeugt und geboren ist (5Mo 32,18), der ist SEIN und tut SEINE Werke.
Die Schreiber des “Neuen Testamentes” haben diese zentrale Botschaft der Propheten verunstaltet, indem sie den Kontext für ihre Zwecke missbrauchten. Darum legen sie im “NT” Nikodemus folgende demütigenden Worte in den Mund: “Kann er etwa zum zweiten Mal in den Leib seiner Mutter hineingehen und geboren werden?” (Joh 3,4). Jahushua legen sie die entsprechende Antwort in den Mund, die auf die Taufe und die dritte Gott-Person, den Heiligen Geist hinweisen soll: “Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes hineingehen” (Joh 3,5). Das ist natürlich ein grosser Unsinn.
Ist die Quelle der Erkenntnis von 1Mo 1,26 erschlossen, weil sich der Mensch dieser Aussage bewusst geworden ist, dann ist der Umgang der Menschen untereinander ein völlig anderer. Es kann gar nicht anders sein, weil JaHuWaH als Fels bezeichnet wird aus dem jemand geistig gezeugt und geboren wird (5Mo 32,18). Natürlich wissen wir alle, dass der Umgang der Menschen untereinander alles andere als ein Spaziergang ist und manchmal müssen unangenehme Konsequenzen gezogen werden. Das sollte uns aber nicht in all unserer Begrenztheit oder unserem Versagen zurückhalten, den Weg mit JaHuWaH zu gehen.
In 1Mo 1,26 werden die Menschen von JaHuWaH aufgefordert, zusammen mit IHM, die Menschen in SEIN Wesen (Bild) zu führen, IHM immer ähnlicher zu werden, SEINEN Willen zu erkennen und umzusetzen. Das heisst: raus aus dem Götzendienst, raus aus dem Kult der Menschenopfer und schliesslich raus aus aller Unmenschlichkeit, aus allem Unrecht hin zu einem Leben des Segens untereinander und miteinander. “Lasst uns solche Menschen machen” (1Mo 1,26).
Nochmal: Die Erkenntnis und die Umsetzung dieser Tatsache ist der höchste Sinn und Zweck der Erwählung, Berufung und der Sendung des auserwählten Volkes und aller, die JaHuWaH begegnen und mit JaHuWaH leben. D. h.: “Denn von Zion wird Weisung ausgehen und das Wort JaHuWaHs von Jerushalajim” (Jes 2,2). Das ist ein langer Prozess, den die Menschen zusammen mit JaHuWaH gehen sollen.
Bildlich drückt das der Prophet Jeshajahu so aus: “Und es wird geschehen am Ende der Tage, da wird der Berg des Hauses JaHuWaHs fest stehen als Haupt der Berge und erhaben sein über die Hügel. Und alle Nationen werden zu ihm strömen, und viele Völker werden hingehen und sagen: Kommt, lasst uns hinaufziehen zum Berg JaHuWaHs, zum Haus des Elohims Jakobs, dass er uns aufgrund seiner Wege belehrt und wir auf seinen Pfaden gehen! Denn von Zion wird Weisung ausgehen und das Wort JaHuWaHs von Jerushalajim. Und er wird richten zwischen den Nationen und Recht sprechen für viele Völker. Dann werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen umschmieden und ihre Speere zu Winzermessern. Nicht mehr wird Nation gegen Nation das Schwert erheben, und sie werden den Krieg nicht mehr lernen” (Jes 2,2-3).

M. E. und so wie ich die Propheten verstehe, liegt das Problem der ultraorthodoxen Charedim erstens einmal in der Tatsache, dass sie die Worte, die uns die Propheten vermitteln nicht bildlich, nicht als Impuls, nicht als Brücke zu einem gesunden Leben der Menschen untereinander verstehen. Sie verstehen diese Worte nicht als persönliche Aufforderung zu einem Handeln, das den Menschen in seiner inneren Haltung verändert. Sie sind auf einen strafenden und rächenden Gott fixiert, der noch nach 2000 Jahren voller Straf- und Rachegelüste gegen sein eigenes Volk ist. Darum wollen die Charedim alles so sehr recht und gut machen, dass sie auf der anderen Seite vom Pferd fallen.
Lösen sich Jugendliche aus der Gemeinschaft der Charedim, sehen die meisten Angehörigen schon den nächsten Holocaust als schreckliches Gericht HaShems auf sich zukommen, weil sie immer noch unter seinem Gericht (Rache) stehen.
Sie wollen warten, bis ein Messias vom Himmel herab steigt und das Weltfriedensreich für Israel und die Welt schaffen wird. Wie wir bereits sagten, das Ende des Gerichtes (der Rache HaShems) wird erst dann geschehen, wenn sich alle Juden an die religiösen Traditionen halten werden, die im Laufe der jüdischen Geschichte im Talmud festgehalten worden sind.
Doch was sagt der Prophet Moshe noch am Anfang seines Wirkens unmissverständlich: “Und nun, Israel, höre auf die Ordnungen und auf die Rechtsbestimmungen, die ich euch zu tun lehre… Ihr sollt nichts hinzufügen zu dem Wort, das ich euch gebiete, und sollt nichts davon wegnehmen, damit ihr die Weisungen JaHuWaHs, eures Elohims, haltet, die ich euch gebiete! (5Mo 4,1-2). Diese Aussage ist immer im Kontext folgender Bekenntnisse zu verstehen: 5Mo 32,7.12; Jes 43,12; 63,9;Jer 7,22-23 u. a. m. Aus dem Zusammenhang der prophetischen Weisungen kann und wird das, was die Charedim erwarten, so nie geschehen. Das ist und bleibt ein falscher Weg, ein falsches Verständnis der prophetischen Texte und speziell der Aufforderung in 1Mo 1,26.

Eine weitere entscheidende Tatsache ist zweitens der stete Einfluss der heidnischen Religionen auf das auserwählte Volk, dem die Priesterschaft nicht zu widerstehen vermochte. Sie schlitterten selbst hinein (vgl. 2Mo 32,1-6). Der Götzendienst und damit die soziale Ungerechtigkeit bleiben eine ständige Herausforderung. Unablässig reagieren die Propheten darauf, durch die ganze Geschichte des israelitisch-jüdischen Volkes hindurch. Der TaNaCH berichtet uns durchgehend davon.
Entsprechend dieses Einflusses übertrugen die Israeliten Eigenschaften der Götter wie Zorn, Wut, Rache, Strafe, Vertreibung, Erniedrigung auf JaHuWaH, den El Eljon. Diese bösen Eigenschaften der Götter wurden zu einer der zentralsten Eigenschaften JaHuWaHs gemacht. Wie uns der TaNaCH zeigt, verloren die Priester JaHuWaH immer mehr aus den Augen. Sie verwechselten ihn mit einem falschen Elohim, einem bösen “Engel”, den sie nur noch HaShem zu nennen wagten. JaHuWaH, der sie gezeugt und geboren hatte verwechselten sie mit einem Gott, der die Juden nur noch mit Gedanken des Fluches und der Vernichtung vor sich hertreibt.
Da sie aber ihrem HaShem, den sie so gemacht hatten entsprechen wollten, wurden sie von Angst befallen. Als Folge davon gaben sie den Namen JaHuWaH auf und ersetzten ihn durch HERR, HaShem, der Ewige, Adonai usw.
Die ultraorthodoxen Charedim sind dieser Tradition bis heute auf Leben und Tod, Gedeih und Verderben treu geblieben. Sie sind darin in besonderer Weise gefangen, selbstverständlich auch die religiösen ultraorthodoxen Zionisten (Nationalisten). Im Unterschied zu den Charedim sehen sie die Gründung des Staates Israel 1948 allerdings als Zeichen HaShems, seinem Willen entsprechend.
(Die Christen sind gefangen in ihrem christlichen Gott, der mit seinem Finger Tag und Nacht auf die nie endenden Qualen der Hölle weist. Siehe die Lehre des Paulus in Gal 1,8-9; 1Kor 16,22; 1Thess 2,15-16; 2Thess 1,6-10 u. a. m. Die “Evangelien” (Mt 25,41; 5,22; 14,42; Mk 16,16; Mt 28,19) und die geheime Offenbarung (Offb 20,10.15) sind auf diesen frommen Grausamkeiten aufgebaut).

Diese Worte, die als der kostbarste Schatz innerhalb des TaNaCHs zu suchen und zu finden sind, lehnt der Grossteil jener ab, die sich als TaNaCH-treu oder als bibelgläubig bezeichnen. Das ist m. E. das Grundproblem der ultraorthodoxen Juden wie derjenigen Gemeinschaften, die den Charedim/Natura Karta nahe stehen.
“Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich”. Sie sollen JaHuWaH suchen, sich mit SEINEN Weisungen des Lebens auseinandersetzen, sie sollen SEINE Weisungen verstehen lernen und sie zum Wohle der Menschen in ihrem Leben umsetzen. Solche Menschen sollen sie heranbilden (machen). “Lasst uns Menschen machen….”! Das sind Menschen, denen das Denken JaHuWaHs, des El Eljon in ihrem Leben oberste Priorität hat.
Der Schreiber von Psalm 89 fasst das so zusammen: “Gerechtigkeit und Recht sind deines Thrones Grundfeste. Gnade und Treue gehen vor deinem Angesicht her. Glücklich ist das Volk, das diesen Jubelruf kennt!” (Ps 89,15). Das sagt eigentlich alles. “Lasst uns Menschen machen….”! Darin liegt der höchste Sinn der Gemeinschaft mit JaHuWaH, der höchste Sinn der Erwählung, Berufung und Sendung des israelitisch-jüdischen Volkes. Ist das etwa nicht wunderbar?
Fortsetzung folgt.

In dieser Freude und Zuversicht schliesse ich mich den Wünschen vieler Menschen an, die Rosh Ha-Shanah als Tag der Schöpfung, als Haupt des Jahres feiern. Die Menschheit ist das Zentrum des Universums. JaHuWaH hat die Verwaltung dieser einzigartigen Schöpfung in die Verantwortung der Menschen gelegt: “Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen als unser Bild, uns ähnlich! Sie sollen (diese Schöpfung) verwalten…”
Ich wünsche allen Shanah tovah, ein gutes Jahr.

Herzliche Grüsse

Gregor Dalliard

Ankündigungen

Wir laden dich herzlich zu unserem nächsten Bibeltreffen in Finsterhennen ein. Wir treffen uns wieder am 17. Mai 2024 um 14,00 Uhr bei Martin und Kornelia Hunzinger-Schmid, Allmenhag 2, 2577 Finsterhennen. Wir freuen uns ganz fest auf die gemeinsame Zeit! Shalom!

In unregelmässigen Abständen publiziere ich Lebensimpulse (Lims).

Unter dem Kennwort Fragen Leserfragen (Lefs) möchte ich neu auf Leserfragen eingehen. Dabei werde ich auch aufschlussreiche und weiterführende Zusammenhänge anderer zu wichtigen biblischen Themen veröffentlichen.